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9. Dezember 2021 Ingrid Diener

«Cool, merci. Das ist aber nichts für mich»

Gemäss Marco Hort von der Siedlungs- und Quartierarbeit bei der ABZ reagieren viele Bewohnende positiv darauf, dass die ABZ mehr als günstige Mieten bietet. Ein Grossteil kann oder will sich nicht freiwillig engagieren. Für Gemeinschaft und Teilhabe sorgt jedoch die «kritische Masse».

Sind die günstigen Mieten der einzige Grund, warum die Menschen gerne in der ABZ wohnen?

Aus meiner Erfahrung wollen die meisten Leute in erster Linie tatsächlich aufgrund der günstigen Wohnungen bei uns wohnen. Viele wissen auch gar nicht, was alles hinter dem Wohnen bei der ABZ steckt. Sobald sie dann aber eingezogen sind, erkennen viele, dass wir mehr bieten als günstige Mieten – wie zum Beispiel Mitbestimmung und Mitgestaltung.

Wie reagieren die Leute dann?

Einige geben positive Rückmeldungen und meinen: «Cool, merci! Das ist aber im Moment nichts für mich.» Oder aber auch: «Fragt mich doch fürs nächste Fest an, dann helfe ich.» In manchen Siedlungen ist der Anteil an Engagierten gross, in anderen nimmt nur ein kleiner Teil der Bewohnerschaft aktiv am Leben in der Siedlung oder in der Genossenschaft als Ganzes teil. Eine kritische Masse braucht es aber aus meiner Sicht, damit die Nachbarschaft funktioniert. Und wichtig bleibt, dass die Türen zum Mitgestalten stets offen sind für alle.

«Eine kritische Masse braucht es aus meiner Sicht, damit die Nachbarschaft funktioniert.»

Marco Hort von der Siedlungs- und Quartierarbeit bei der ABZ

Wie kann man als Aussenstehende/r erkennen, was die ABZ alles bietet?

Viele unserer Siedlungen verfügen über grosse, vielfältig nutzbare Grünflächen. Sie sind offen gestaltet, haben viele kleine Wege. Manche werden von den Bewohnerinnen und Bewohnern gepflegt und dekoriert. Auch unsere Gemeinschaftsräume zeigen, dass es bei uns um mehr geht als nur günstig Wohnen. Zudem: Wer bei unseren Siedlungen mehrmals an verschiedenen Tagen vorbeikommt, vielleicht mal durch einen Innenhof spaziert, wird erkennen, dass wir besonders in den grossen Siedlungen eine diverse Bewohnerschaft haben. Und nicht zuletzt zeigen wir mit unserer Abteilung Soziales und Genossenschaftskultur, dass uns viel an einer Gemeinschaft unserer Bewohnenden liegt.

Wer in der ABZ wohnt, hat ein Mitspracherecht. Die Mitglieder haben aber auch Pflichten. In den Statuten steht etwa: «Die Mitglieder sind verpflichtet, die Interessen der Genossenschaft wahrzunehmen […].» Was bedeutet das genau?

Aus meiner Sicht können wir heute kaum mehr von Pflichten sprechen. Für mich ist das mehr symbolisch zu verstehen: Wir stehen und gehören zusammen. Heute geht es darum, Anreize für die Bewohnerinnen und Bewohner zu schaffen. Engagement soll Spass machen und sinnstiftend sein – das haben Studien gezeigt und das sehe ich auch in meinem Arbeitsalltag. Es soll auch zeitlich beschränkt möglich sein, denn nur wenige können und wollen sich über Monate oder gar Jahre für eine Aufgabe oder ein Amt verpflichten.

«Wichtig bleibt, dass die Türen zum Mitgestalten stets offen sind für alle.»

Marco Hort von der Siedlungs- und Quartierarbeit bei der ABZ

Trotz aller Anreize wünscht sich die ABZ-Geschäftsstelle manchmal, es würden sich noch mehr Menschen aktiv für gesamt-genossenschaftliche Themen stark machen. An der diesjährigen Vergabekonferenz etwa nahmen nur wenige Bewohner/innen teil. Wie geht die Geschäftsstelle damit um?

Diejenigen, die kommen, sind die richtigen. Denn wenn jemand nicht teilnehmen will, aber dazu zum Beispiel laut Statuten verpflichtet wäre, so würde dies der Sache nicht dienen. Viele Bewohnerinnen und Bewohner sind darüber hinaus dankbar, wenn andere Verantwortung übernehmen und sich den Aufgaben und Themen annehmen. Das hat einiges mit Vertrauen in die Engagierten zu tun. Zudem: Die besten Botschafterinnen und Botschafter für die Mitwirkung sind diejenigen, die sich engagieren und Nachbarinnen und Nachbarn davon weitererzählen. Das vergrössert den Kreis von Interessierten am effektivsten. Und darin liegt das grösste Potenzial für noch mehr Freiwilligeneinsatz unserer Bewohnerschaft.

«Diejenigen, die kommen, sind die richtigen.»

Marco Hort von der Siedlungs- und Quartierarbeit bei der ABZ

Und wie unterstützt die ABZ-Geschäftsstelle das Engagement der Freiwilligen?

Wir schaffen zum Beispiel neue Möglichkeiten zur Mitwirkung. Für die diesjährige Vergabekonferenz etwa gab es im Vorfeld des Anlasses die Möglichkeit, online über die eingereichten Projekte abzustimmen. Hybride oder digitale Veranstaltungen erweisen sich also als Chance. Nach Veranstaltungen oder Projekten fragen wir die Teilnehmenden, wie sie diese erlebt haben und was es anzupassen gilt. Die verschiedenen Varianten der Vergabekonferenz haben nicht nur etwas mit der Pandemie zu tun, sondern basieren zum Teil auch auf Rückmeldungen der Bewohnenden – wir versuchen also flexibel zu sein. Ausserdem fördern wir das temporäre Engagement in den Siedlungen und stehen den Siedlungskommissionen zur Seite, wenn es beispielsweise um den Umgang mit Entscheidungsfindungen in der Pandemie geht. Ich bin sehr dankbar, dass es all diese aktiven Menschen gibt.

Ingrid Diener

Ist Wandervogel, Tennis-Fan und Teetrinkerin. Hat am liebsten Sommer. Bei der ABZ für die Kommunikation im Einsatz.

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