Ein bezahlbares Zuhause für alle
Kaufen, Baurecht, Verdichtung: Die ABZ hat diverse Möglichkeiten, noch mehr gemeinnützigen Wohnraum zu schaffen. Das Ziel ist, weiteren Boden der Spekulation zu entziehen und möglichst vielen Menschen ein gutes, günstiges Zuhause zu bieten.
Die ABZ hat am 20. August 2024 ein Stück Geschichte geschrieben: Die ausserordentliche Generalversammlung stimmte dem Kauf der Siedlung Schlossberg in Winterthur Wülflingen zu. Die Pensionskasse Rheinmetall hatte die Siedlung unter anderem der ABZ zum Erwerb angeboten. «Mit dem Kauf der Siedlung Schlossberg entzieht die ABZ den Boden der Spekulation und ermöglicht es noch mehr Menschen, langfristig gut, günstig und sicher zu wohnen. In Zeiten von Wohnungsknappheit ist das von enormer Bedeutung», so Nathanea Elte, ABZ-Präsidentin. Entsprechend strebt die ABZ – auch gemäss ihrer Strategie – danach, mehr gemeinnützigen Wohnraum zu schaffen. Wir zeigen, welche Möglichkeiten sie hat.
«Mit dem Kauf von Schlossberg haben wir eine Chance genutzt, die sich uns selten bietet.»
Alain Benz, ABZ-Geschäftsführer
Die seltene Chance
«Mit dem Kauf von Schlossberg haben wir eine Chance genutzt, die sich uns selten bietet», betont Alain Benz, ABZ-Geschäftsführer. Denn: Die Anforderungen der ABZ sind für den Kauf einer bestehenden Siedlung hoch. Zahlreiche Faktoren – etwa Preis, Grösse, Ausbaustaustandard, Aussenraum, Grundrisse und die Integrationsmöglichkeit der Bewohnenden in die ABZ – müssen stimmen. Meist sind die Wohnflächen jedoch zu gross und die Mieten zu hoch. «Dann könnte die ABZ keine günstigen Wohnungen mehr anbieten», erklärt Sabine Merz, Leiterin Bau und Entwicklung bei der ABZ. Zudem sollte die Siedlung mindestens 60 Wohnungen aufweisen. Entsprechend kommt es nicht oft zu einem Kauf – der letzte liegt mit Allmend und Kalkofen in Horgen bereits 21 Jahre zurück.
Auch über den Erwerb von Bauland kann die ABZ mehr gemeinnützigen Wohnraum schaffen. Gegenwärtig steht aber kaum welches in und um Zürich zur Verfügung. «Wir wollen Areale, die gut gelegen und erschlossen sind», so Sabine Merz. «Diese gibt es jedoch kaum.» Meist kann die ABZ bei Bieterverfahren nicht mithalten, weil aus dem Kauf viel zu hohe Mieten resultieren würden. Letztmals konnte die ABZ vor elf Jahren Bauland kaufen – im Rahmen eines Landtausches mit der Stadt Zürich. Heute steht dort die Siedlung Glattpark.
Sorgfältig ersetzen
Im Koch-Quartier und an der Thurgauerstrasse baut die ABZ hingegen im Baurecht. Dabei stellt die Stadt Zürich der ABZ den Boden unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung. Dazu zählen zum Beispiel das Angebot von subventionierten Wohnungen und Ansprüche in Sachen Energie. Zudem muss ein Teil der Bausumme für Kunst und Bau eingesetzt werden und die ABZ ist verpflichtet, auf Verlangen der Stadt Zürich dieser jeweils 1 Prozent der Fläche für Gewerbe und Wohnraum bereitzustellen.
Bauen und damit mehr Menschen einen Platz in der ABZ bieten, kann die ABZ zudem durch Verdichtung nach innen. Das heisst: Die ABZ erstellt mehr Wohnraum auf dem Boden, den sie bereits besitzt. In der Vergangenheit hat sie das durch Ersatzneubauten gemacht, zum Beispiel in der Siedlung Toblerstrasse und in der Siedlung Entlisberg 2. Auch aktuelle Bauprojekte verfolgen dieses Ziel: In der Siedlung Kanzlei werden aus 156 Wohnungen 204, und in Leimbach aus 28 Wohnungen 69. So können dort doppelt respektive dreimal so viele Menschen leben.
In unseren Statuten sind die Erstellung von günstigem Wohnraum und die haushälterische Nutzung davon festgehalten. Verdichten wir also unsere Siedlungen, profitieren noch mehr Menschen von bezahlbaren Wohnungen. Und diese stehen auf Boden, den die ABZ der Spekulation entzogen hat. Der Nachteil: Wir zerstören bestehende Bausubstanz, das hat wiederum Konsequenzen für den CO2-Verbrauch. Aber: «Die ABZ wägt Ersatzneubauten stets genau ab», erklärt Sabine Merz. «Die bestehende Siedlung muss ihr Lebensende erreicht haben, ein grosses Ausnutzungspotenzial muss vorhanden sein, viele Menschen müssen von der neuen Siedlung profitieren können.» Sonst sei der Eingriff unverhältnismässig. Nathanea Elte unterstreicht: «ABZ-Ersatzneubauten prüfen und planen wir sehr sorgfältig. Wichtig ist uns auch die Wohnsicherheit der Mitglieder, denen wir Ersatz- oder Ausweichwohnungen und die Rückkehr in die neue Siedlung anbieten.»
Das kann die ABZ tun
Der Kauf einer Siedlung oder von Land, Bauen im Baurecht oder Verdichtung nach innen: Die ABZ hat also drei Möglichkeiten, mehr gemeinnützigen Wohnraum zu schaffen. Aber auch organisationsinterne Prozesse können dazu beitragen. So ist seit Juli 2024 das neue Vermietungsreglement in Kraft. Es beinhaltet strengere Belegungsbestimmungen, die den Wohnraum fairer verteilen. Das führt dazu, dass mehr Menschen in der ABZ leben können. Zu prüfen wären zudem neue, flächeneffizientere Wohnformen. Dabei würde die persönliche Wohnfläche weiter reduziert und die gemeinschaftlich genutzte Fläche ausgebaut.
Zu erwägen wäre ferner, dass Siedlungskäufe nicht an die Generalversammlung müssten. Dann könnte die ABZ rascher auf Angebote reagieren. «Dass die Pensionskasse Rheinmetall den Entscheid der ausserordentlichen Generalversammlung abgewartet hat, war sehr besonders», so Nathanea Elte. Bei anderen Genossenschaften entscheidet der Vorstand über einen Kauf.
«Die ABZ wägt Ersatzneubauten stets genau ab.»
Sabine Merz, Leiterin Bau und Entwicklung bei der ABZ
Beitrag gegen Wohnungsknappheit
Was sich sowohl Vorstand als auch Geschäftsstelle wünschen: weniger Bürokratie. Der Abbau von Hindernissen beim Wohnungsbau ist gemäss Elte und Merz nötig. Die langen und komplexen Planungs- und Bewilligungsverfahren erschweren einen raschen und effizienten Bau von Wohnraum.
Zürich gehört zu den Städten mit den meisten Baurechtsrekursen. Aber auch die Lärmschutzverordnung und das Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz tangieren den Fortschritt von Bauprojekten. Letzteres soll schützenswerte Ortsbilder in der Schweiz erkennen und sichern. In der Stadt Zürich fallen rund 75 Prozent darunter. «Das verunsichert die Baubranche, viele Projekte sind blockiert. Auch die ABZ ist davon betroffen, beispielweise zeichnet sich bei der Siedlung Kanzlei eine erneute Verzögerung ab», sagt Sabine Merz. Die Folge: Es wird weniger gebaut und die Preise steigen noch mehr.
«Dass die Pensionskasse Rheinmetall den Entscheid der ausserordentlichen Generalversammlung abgewartet hat, war sehr besonders.»
Nathanea Elte, ABZ-Präsidentin
Bis 2040 soll die Bevölkerung in der Limmatstadt gemäss Regionalem Richtplan um bis zu 80 000 Menschen wachsen. Damit Zürich eine Stadt für alle bleibt, braucht es gemeinnützige Wohnbauträger. Gemeinden könnten Anreize schaffen, damit Bauträger sich zu preisgünstigem Wohnraum verpflichten. Das kann zum Beispiel ihre Bevorzugung beim Verkauf oder bei der Baurechtsvergabe von Arealen sein. Oder Gemeinden erhielten ein Vorkaufsrecht auf zum Verkauf stehende Areale zur Förderung von gemeinnützigem Wohnraum.
Gemeinnützige Wohnbauträger wie die ABZ leisten einen wichtigen Beitrag, Quartiere von hoher Lebensqualität zu schaffen – mit starken Nachbarschaften und Mehrwert fürs ganze Quartier. Auch in Winterthur werden wir diesen Schritt gehen, denn die Stadt an der Eulach wird künftig mehr und mehr mit der Wohnungsknappheit konfrontiert sein.
Fotografie
Andrea Helbling, Reto Schlatter
Visualisierungen
Nightnurse Images AG, Roider Giovanoli Architekten, maaars architektur visualisierungen