Gewalt Zuhause: Was wir dagegen tun können
In der Stadt Zürich rückt die Polizei durchschnittlich fünfmal pro Tag wegen häuslicher Gewalt aus. Für Betroffene gilt: Hilfe suchen – für Aussenstehende: Zivilcourage zeigen.
Das eigene Zuhause ist ein Ort der Geborgenheit. In manchen Haushalten kommt es jedoch zu Gewalt: «In der ABZ haben wir etwa fünf Fälle pro Jahr von häuslicher Gewalt», sagt Stefanie Bieri von der ABZ-Mieterberatung. «Meist melden die Nachbarinnen und Nachbarn, dass in der Wohnung nebenan gestritten wird und sie sich Sorgen machen.» Gemäss Armin Schönenberger, Fachstellenleiter Häusliche Gewalt der Stadt Zürich, rückt die Polizei in Zürich durchschnittlich fünfmal pro Tag aus aufgrund von häuslicher Gewalt. In drei bis vier Fällen kommt es aber zu keiner strafbaren Handlung.
Doch was können die Opfer tun? Und wie sollen sich Nachbarinnen und Nachbarn verhalten? Lesen Sie im Folgenden unsere Ratschläge.
Was ist häusliche Gewalt?
Häusliche Gewalt bezeichnet Konflikte, die in den eigenen vier Wänden stattfinden. Betroffen sind dabei Menschen, die sich nahestehen – zum Beispiel Eheleute oder Eltern und Kinder. Zu häuslicher Gewalt zählen zum Beispiel Angriffe, Tötungen und erzwungene sexuelle Handlungen. Sie zeigt sich auch, wenn der oder die Täter/in das Opfer bedroht und ihm auflauert. Aber auch anhaltende Kontrolle gehört dazu – wenn der oder die Täter/in beispielsweise die Freiheiten des Opfers einschränkt.
Häusliche Gewalt ist keine Privatsache und eine schwerwiegende Straftat. Sie wird von der Polizei verfolgt, auch wenn das Opfer keine Anzeige erstattet.
«Ist etwa immer wieder Geschrei, Poltern und Weinen hörbar, muss man annehmen, dass auf jemanden eingewirkt wird. Lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig die Polizei rufen.»
Armin Schönenberger, Fachstellenleiter Häusliche Gewalt Stadt Zürich
Wer ist betroffen?
In 80 Prozent der Fälle sind Frauen, in 20 Prozent sind Männer die Opfer. Jedoch ist zu vermuten, dass Männer sich aus Scham weniger melden und ihre Zahl in Wirklichkeit höher ist. Leben Kinder im Haushalt, erleben auch sie die Gewalt in der Familie mit oder sind direkt davon betroffen.
Was sind die Folgen häuslicher Gewalt?
Opfer häuslicher Gewalt leiden oft körperlich und seelisch. Sie ziehen sich zurück oder isolieren sich komplett. Sie neigen dazu, Suchtmittel wie Alkohol und Drogen zu konsumieren und schämen sich für ihre Situation. Aufgrund ihrer emotionalen Bindung, der finanziellen Abhängigkeit oder aus Angst vor Verlust der Aufenthaltsbewilligung können sie sich nur schwer vom Täter resp. von der Täterin lösen.
Was können Opfer und Täter/innen tun?
Für Opfer und Täter/innen gilt: Mit Freund/innen und Bekannten sprechen und professionelle Hilfe suchen. Niemand sollte familiäre Probleme und Lebenskrisen verbergen müssen.
Opferberatungsstellen etwa bieten kostenlos Unterstützung – sei es in der medizinischen Versorgung, Rechtsberatung oder Therapie. Die Anonymität ist sichergestellt. Frauenhäuser gewähren sofortigen Schutz bei Gewaltsituationen.
Auch Täter und Täterinnen können sich bei Beratungsstellen melden und Lernprogramme absolvieren.
«Diskrete Zeichen können helfen, um zu zeigen, dass man da ist. Nachbarinnen und Nachbarn können zum Beispiel mit einem Vorwand an der Türe klingeln, wenn es nebenan lauter wird.»
Stefanie Bieri, ABZ-Mieterberatung
Was kann das Umfeld tun?
Aussenstehende dürfen Zivilcourage zeigen. Aber Achtung: Sie sollten sich dabei nie in Gefahr bringen. In Notsituationen gilt es, die Polizei zu rufen. «Ist etwa immer wieder Geschrei, Poltern und Weinen hörbar, muss man annehmen, dass auf jemanden eingewirkt wird. Lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig die Polizei rufen», sagt Schönenberger. Auch ist es ratsam, die gewaltbetroffene Person allein anzusprechen und Hilfe anzubieten. «Diskrete Zeichen können helfen, um zu zeigen, dass man da ist», sagt Bieri. «Nachbarinnen und Nachbarn können zum Beispiel mit einem Vorwand an der Türe klingeln, wenn es nebenan lauter wird.» Wer sich nicht allein traut, kann sich auch mit anderen zusammentun und gemeinsam klingeln. Ferner können Aussenstehende den Betroffenen Informationen über professionelle Hilfsangebote weitergeben.
Die Hilfe des Umfelds ist für Opfer häuslicher Gewalt wichtig. «Viele trauen sich nicht, Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Sie schämen sich, trauen den Behörden nicht oder werden von der Täterschaft gezwungen, nichts zu sagen», erklärt Schönenberger. «Steht die Polizei jedoch vor der Tür, kann das zur Beruhigung der Situation beitragen.»
Die ABZ-Mieterberatung steht den Bewohner/innen bei Fragen zur Verfügung. «Wir geben Verhaltenstipps und verweisen an Fachstellen», sagt Bieri. «Auch haken wir bei den möglichen Betroffenen nach, wenn sich die Nachbarinnen und Nachbarn mit Sorge melden.»
Die Inhalte aus diesem Beitrag stammen aus der Broschüre «Zuhause im Unglück» der schweizerischen Kriminalprävention. Darin finden Sie weitere Informationen zum Thema und Kontakte zu Beratungsstellen.
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