«Miteinander reden ist das A und O»
Katharina Trost weiss: Eine gute Nachbarschaft entwickelt sich nur, wenn die Bewohnerinnen und Bewohner miteinander sprechen. Die Sozialarbeiterin ist seit 2018 für die Fachstelle Mieterberatung der ABZ im Einsatz.
Frau Trost, gleich zuerst: Was können Bewohnerinnen und Bewohner tun, wenn es mit dem Nachbarn kracht?
Miteinander reden ist das A und O. Viele haben Angst, nebenan zu klingeln, wenn etwas stört. Wie reagiert der Nachbar oder die Nachbarin? Doch wer nebeneinander wohnt, muss auch miteinander sprechen können. Wer sich unwohl fühlt, kann beispielsweise mit einer Begleitung an der Haustür klopfen. Gerne beraten wir in solchen Situationen. Was auch hilft: aufschreiben. Notieren Sie beispielsweise Tage und Uhrzeiten und führen Sie Buch. Vielleicht merken Sie, dass die Störung gar nicht so oft vorkommt und somit nicht so schlimm ist. Und wenn doch, dann können Sie etwas vorweisen, sollte der Konflikt nicht ohne Hilfe gelöst werden können. Solche Protokolle helfen für unsere Arbeit in der Mieterberatung.
Sie sind seit gut zwei Jahren in der ABZ-Mieterberatung tätig. Warum haben Sie sich für den Beruf der Sozialarbeiterin entschieden?
Dass es in die soziale Richtung gehen würde, war für mich schon immer klar. Zuerst entschied ich mich für die Ausbildung zur Psychiatriepflegefachfrau. Die Arbeit ist sehr spannend, jedoch begrenzt bezüglich Arbeitsmöglichkeiten. Deshalb habe ich daraufhin das Studium der Sozialen Arbeit absolviert. Besonders die Beratungstätigkeit hat mich interessiert, denn diese ist in der Sozialarbeit noch zentraler als in der Pflege.
«Wer nebeneinander wohnt, muss auch miteinander sprechen können.»
Katharina Trost, Mieterberatung bei der ABZ
Welche Fähigkeiten sind für Ihren Beruf wichtig?
Das Interesse am Menschen und die Fähigkeit, Menschen in jeder Situation primär als selbstbestimmt wahrzunehmen. Zudem muss ich die Situation des Einzelnen differenziert betrachten und in das Umfeld einordnen können. Zum Beispiel: Welche gesellschaftlichen Einflüsse wirken? Welche rechtlichen Gegebenheiten bestehen? Welche Rahmenbedingungen sind darüber hinaus zu berücksichtigen? Dieser Rahmen, den auch die Struktur der ABZ vorgibt, ist manchmal eng. Mich darin zu bewegen und für meine Klientinnen und Klienten einen Weg zu finden, ist nicht immer einfach.
Was ist besonders an Ihrer Arbeit bei der ABZ?
Die Interdisziplinarität. Ich arbeite also mit Menschen aus verschiedenen Abteilungen und mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund zusammen – etwa mit der Vermietung, der Siedlungs- und Quartierarbeit, der Bewirtschaftung und dem Bau. Wir alle befassen uns je nach Gegebenheit mit derselben Fallsituation und trotz vielleicht verschiedener Vorstellungen versuchen wir stets, einen gemeinsamen Weg zu finden.
Gibt es Schicksale, die besonders ans Herz gehen?
Ich habe immer wieder mit schwierigen Situationen zu tun, das geht sicher auch ans Herz. Beispielsweise geht mir die Verwahrlosung von Menschen nah, besonders bei jungen. Blicke ich in die Wohnung und erkenne, dass es der Person schlecht geht, dass keine Familie, Freunde oder Bekannte da sind, um zu helfen, tut das weh. Auch wenn Kinder leiden, etwa im Fall von häuslicher Gewalt.
«Bei der ABZ kann ich mir Zeit nehmen, die Menschen bei Veränderungen sorgfältig zu unterstützen.»
Katharina Trost, Mieterberatung bei der ABZ
Wie bewahren Sie die Distanz?
Mir hilft es, zu sehen, wenn die verfahrenen Situationen wieder in Bewegung kommen. Bei der ABZ kann ich mir Zeit nehmen, die Menschen bei Veränderungen sorgfältig zu unterstützen. Das hilft mir, nicht belastet zu sein. Ausserdem ist für mich der Austausch in meinem Team enorm wertvoll.
Was sind herausfordernde Momente?
Lärmkonflikte kommen sehr häufig vor. Mich dabei immer wieder neu auf die Konfliktsituation einzulassen, ist manchmal schwierig. Insbesondere dann, wenn der Konflikt verhärtet und Bewegung darin schwierig ist.
Was sind belohnende Momente?
Da gibt’s viele: gelöste Nachbarschaftskonflikte zum Beispiel. Oder wenn Bewohnerinnen und Bewohner ihre Wohnung behalten können, sie wieder selbstständig leben, sie die Miete wieder bezahlen können. Auch ist es schön, zu sehen, wenn Menschen Hilfe überhaupt annehmen. Denn für viele ist das eine grosse Überwindung.